Sep | Steiner Gemüseb.
Events > Jahr 2018
Veranstaltung
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Gemüsebau Steiner - eine Reise wert 12. September 2018 Text Prof. Dr. Dieter Anselm Foto Irmi Behrendt | ||
Der Herbstausflug des Deutsch Amerikanischen Herrenclubs München führte uns dieses Mal bei herrlichstem Wetter ins Grenzgebiet von Nieder- und Oberbayern nicht weit von Altötting, genauer gesagt nach Kirchweidach. Dieses sonst unbekannte Örtchen wurde gewählt, da dort etwas Besonders zu besichtigen gab, nämlich den Gemüsebau Steiner. | ||
![]() Alle Teilnehmer mussten wegen Hygienevorschriften Schutzmäntel tragen | ||
Unter dem Motto „Natürlich, frisch und nachhaltig" baut dieser Betrieb seit 2014 im bayrischen Chiemgau auf rund 20 ha Unterglasfläche Tomaten, Paprika und Erdbeeren an. Josef Steiner, Baumschulbesitzer aus dem oberösterreichischen Innviertel, hat dieses Mammutprojekt gewagt. Sein Ziel war es, vor Ort ökologisch und nachhaltig zu produzieren. In Kirchweidach hat er den idealen Standort mit viel Sonnenschein dafür gefunden und mit der REWE Gruppe einen Vermarkter, dem es ebenfalls um Umweltschutz und soziale Nachhaltigkeit geht. Im Unterschied zu Betrieben, die ihre Gewächshäuser mit Millionen Litern Heizöl wärmen, produzieren die Steiners klimafreundlich, nämlich mit heißem Wasser vor Ort. Die Wärme selbst kommt ca. 4000 Meter tief aus dem Erdinneren. Dadurch spart er in diesen Breiten fast acht Millionen Liter Heizöl im Jahr, denn in einem Kilo Tomaten aus dem Glashaus steckt sonst im Winter - rein rechnerisch - ein ganzer Liter Heizöl. Auch das Dorf Kirchweidach mit seinen 2.500 Einwohnern wird inzwischen mit der geothermischen Fernwärme versorgt. Null Liter Heizöl, null Gramm Kohlendioxid, den benötigten Strom für die Pumpen des Heißwassers aus dem Erdinneren von der eigenen Photovoltaikanlage und das Gießwasser für die Pflanzen aus dem selbst gesammelten Regenwasser ist wirklich gelebter Umweltschutz und Nachhaltigkeit. Gerade durch den autarken Wasserhaushalt wird kein Trinkwasser genutzt. Dieses Energiekonzept ist im deutschen Gemüsebau einzigartig und ein Vorzeigeprojekt in Punkto Nachhaltigkeit und umweltfreundlicher Wärmenutzung. Außerdem wären hunderttausende Lastwagen-Kilometer nötig, um eine entsprechende Menge von Gemüse aus Südspanien, Marokko oder auch aus Holland zu importieren. Die Wege in die Supermärkte sind kurz, denn die Ernte der Steiners wird nur in Bayern verkauft, in der Regional-Schiene der Lebensmittelkette REWE. Die kurzen Transportwege ermöglichen es, die Produkte in völlig reifem Zustand zu ernten. Die Strauch- und Rispen-Tomaten sowie verschiedene Paprika Sorten und frische Erdbeeren werden in verschiedenen Verpackungseinheiten kommissioniert. Vom Erntebeginn ab Anfang März werden Tomaten durchgehend bis Mitte Dezember, Paprika von Anfang März bis Ende November und Erdbeeren von März bis Juni und Ende September bis Dezember geerntet. Neben den bereits erwähnten Rahmenbedingungen wirken sich auch die hohe Anzahl von Sonnenstunden in Kirchweidach sowie die gezielte Sortenwahl besonders vorteilhaft auf Qualität und Geschmack der Früchte aus. Durch natürliche Bestäubung durch Hummeln und biologischer Pflanzenschutz (Nützlinge gegen Schädlinge) entsteht ein gesundes, rückstandsfreies Gemüse für den Endverbraucher. Die Pflanzen selbst wachsen unter exakt definierten Verhältnissen auf einem Substrat aus Kokosfasern heran. Dem Gießwasser werden mineralische Substanzen zum besten Wachstum zugegeben. Die Gewächshäuser und deren Technik ist industriell auf dem neuesten Stand, dabei setzen weiterhin die Holländer die Maßstäbe. Die Tomaten für die laufende Winterernte röten sich unter elektrischem Licht. Sie dürfen an der Pflanze ausreifen, und tatsächlich: Sie schmecken süß und nach Tomate. Demnächst wollen die Steiners auch Bio-Ware produzieren, die auf natürlichem Boden wachsen muss. Dazu entsteht derzeit auf weiteren sechs Hektar Fläche ein riesiges Gewächshaus neben einer Humusaufbereitungsanlage. In Steiners Betrieb arbeiten 160 Mitarbeiter, die meisten sind fest angestellt und kommen überwiegend aus Polen und Rumänien. Nach fast drei Stunden Information und vielen beantworteten Fragen insbesondere der begleitenden Damen verließen wir den Gemüsebau Steiner. Doch halt: Zum Schluss bekam noch jeder Teilnehmer eine 5 kg schwere Gemüsekiste - die Erdbeeren waren leider noch nicht reif - zum Testen der Ware mit auf die Nachhausefahrt. ![]() Diese wurde erst einmal unterbrochen durch die Einkehr im Wirtshaus »Zur Post« in Kirchweidach. Frisch gestärkt besichtigten wir anschließend die zum Bistum Passau gehörende katholische Rokokokirche »St. Vitus« mit dem sehenswerten Äußeren und dem imposanten Kuppelfresko im Inneren. Auf dem Heimweg kehrten wir, wie schon von unserem Ausflug nach Raitenhaslach bekannt, im originellen Hofladen in Haag in Oberbayern zu einem Zwischenstopp ein. Bei hausgemachtem Kuchen und Kaffee im Garten war die nachmittägliche Müdigkeit bald verflogen. Pfarrkirche St. Vitus (Kirchweidach) (c) Wikipedia - St. Vitus (Kirchweidach) Mit vielen neuen Eindrücken kehrten wir zum Bus zurück und ließen uns vom Fahrer durch das wunderschöne Land zurück nach München kutschieren. Ein interessanter, erlebnisreicher Tag ging damit zu Ende. Noch mehrere Tage nach der Exkursion wurden wir durch die köstlichen Tomaten und Paprika an unseren besonderen Ausflug erinnert. |

